Die indogermanische Sprachwissenschaft bzw Indogermanistik im nichtdeutschen Sprachraum überwiegend im deutschen selten
Indogermanistik

Die indogermanische Sprachwissenschaft bzw. Indogermanistik (im nichtdeutschen Sprachraum überwiegend, im deutschen selten auch indoeuropäische Sprachwissenschaft oder Indoeuropäistik genannt; englisch: Indo-European Studies; französisch: études indo-européennes) erforscht mit historisch-vergleichenden Methoden Ursprung und Entwicklung der indogermanischen Sprachen (indoeuropäischen Sprachen; vgl. hierzu den Artikel Indogermanische Ursprache). Sie ist damit heute eine Teildisziplin der aus ihr erwachsenen (Historisch-)Vergleichenden Sprachwissenschaft, die auf viele andere Sprachen der Welt angewendet wird. Gleichwohl wird die Bezeichnung (Historisch-)Vergleichende Sprachwissenschaft heute auch noch oft synonym mit Indogermanistik verwendet. In der deutschen Hochschulpolitik ist die Indogermanistik als Kleines Fach eingestuft.
Forschungsüberblick
Bereits 1647 stellte der niederländische Philologe und Gelehrte Marcus Zuerius van Boxhorn erstmals eine grundlegende Verwandtschaft zwischen einer Reihe von europäischen und asiatischen Sprachen fest; ursprünglich bezog er in diese Verwandtschaft die germanischen sowie die illyrisch-griechischen und italischen Sprachen einerseits und das Persische andererseits ein, später fügte er noch die slawischen, keltischen und baltischen Sprachen hinzu. Die gemeinsame Ursprache, von der all diese Sprachen abstammen sollten, bezeichnete van Boxhorn als „Skythisch“. Jedoch konnte sich van Boxhorn mit dieser Erkenntnis im 17. Jahrhundert noch nicht durchsetzen.
Die indogermanische Sprachwissenschaft entstand Anfang des 19. Jahrhunderts nach Entdeckung der indogermanischen Sprachverwandtschaft durch den Engländer William Jones, den Deutschen Franz Bopp, der den Begriff „Indogermanistik“ jedoch kategorisch ablehnte, und den Dänen Rasmus Rask. Eine Schlüsselrolle spielten dabei das Bekanntwerden und die beginnende Erforschung des Sanskrits in Europa (u. a. durch William Jones, Friedrich von Schlegel und Wilhelm von Humboldt).
Als Begründer der Indogermanistik (und allgemeiner der vergleichenden Sprachwissenschaft) gilt Franz Bopp. Zwar hatten vor ihm schon William Jones und andere bemerkt, dass die Verwandtschaft zwischen Sanskrit, Griechisch, Lateinisch und einigen weiteren Sprachen kaum zufällig sein kann. Bopp war jedoch der erste, der in systematischer Weise diese Verwandtschaftsbeziehungen darstellte. Dabei beschränkte er sich nicht auf die Verwandtschaft von Wörtern (allgemein betrachtet), sondern er befasste sich vor allem mit den Verben und ihren Endungen. 1816 erschien Bopps bahnbrechende Arbeit Über das Conjugationssystem der Sanskritsprache in Vergleichung mit jenem der griechischen, lateinischen, persischen und germanischen Sprache. Daher gilt 1816 als Geburtsjahr der Indogermanistik.
Rekonstruktionen und Lautgesetze
Mitte des 19. Jahrhunderts unternahm der Deutsche August Schleicher den Versuch der Rekonstruktion einer hypothetischen indogermanischen Ursprache und bildete einen der ersten Stammbäume zur Darstellung der angenommenen genetischen Verwandtschaft der Sprachen untereinander. Auf Schleicher geht die Konvention zurück, rekonstruierte Formen mit Sternchen zu versehen.
Mithilfe der Wellentheorie versuchte der deutsche Sprachwissenschaftler Johannes Schmidt die Sprachausbreitung besser zu erklären. Als weithin tragfähig hat sich Schleichers Vorstellung des „Stammbaums“ erwiesen, was sich nicht zuletzt aus vielen lexikostatistischen Näherungen ergibt.
Die anfänglichen Rekonstruktionen des „Urindogermanischen“ waren noch sehr vom Vorbild des (als besonders „rein“ und daher ursprünglich geltenden) Sanskrits und zugleich von großem Optimismus hinsichtlich der Historizität des Rekonstruktes geprägt, was sich besonders an der berühmten Fabel zeigt, die Schleicher im von ihm rekonstruierten „Urindogermanischen“ verfasst hat (u. a. einheitlicher a-Vokalismus wie im Indoarischen gegenüber dem dreifachen Vokalismus [e,a,o] der europäischen Sprachen).
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts trat die neue Generation der sogenannten Junggrammatiker auf, die versuchten, die Rekonstruktionsbemühungen auf eine wissenschaftliche Grundlage zu stellen, und dazu das Postulat der Ausnahmslosigkeit der Lautgesetze aufstellten. Dieses besagt, dass Lautveränderungen streng regelmäßig auftreten und nur von der lautlichen Umgebung abhängen. Ausnahmen sind nur durch Analogie zu erklären, also durch Umbildung von Wortformen nach dem Verhältnismuster anderer Wortformen. Die junggrammatische Schule leistete eine beachtliche Detailarbeit und schuf damit wichtige Grundlagen für die weitere Forschung. Mit dem Grundriss der vergleichenden Grammatik der indogermanischen Sprachen des Deutschen Karl Brugmann wurde 1904 ein Kompendium des damaligen indogermanistischen Wissensstandes geschaffen, das in diesem Umfang nicht wieder erreicht wurde.
Vereinheitlichung der Wurzelstruktur: die Laryngaltheorie
Bereits 1879 unternahm der Schweizer Ferdinand de Saussure in einer Schrift den Versuch einer Reinterpretation des urindogermanischen Lautsystems. Dies wurde zunächst nicht weiter verfolgt, spielte aber im 20. Jahrhundert in Form der sogenannten Laryngaltheorie eine bedeutende Rolle. Diese Theorie, deren Name auf Hermann Møller zurückgeht, war lange Zeit umstritten, gilt aber inzwischen als anerkannt. Sie setzt für die indogermanische Ursprache (heute meist drei, mit *h₁, *h₂ und *h₃ bezeichnete) „Laryngale“ voraus, die in den anatolischen Sprachen (*h₂ ist in allen Stellungen, *h₃ im Anlaut erhalten) im Jahr 1927 nachgewiesen werden konnten. Es waren vermutlich im Rachenraum oder Kehlkopfbereich artikulierte Konsonanten (phonetisch: Pharyngale und Glottale, hauptsächlich Frikative), die heute u. a. an verschiedenen koartikulativ bedingten „Färbungen“ benachbarter Vokale erkennbar sind: h₁ als e-farbiger, h₂ als a-farbiger und h₃ als o-farbiger Laryngal. Durch den Ansatz von Laryngalen erhalten (fast) alle traditionell mit Vokal anlautenden Wurzeln einen Anlautskonsonanten; ferner wird der grundsprachliche Schwa-Laut (*-ə-) als Schwundstufe eines Langvokals interpretiert.
Neustrukturierung des Phoneminventars im Verschlusslautbereich: die Glottaltheorie
Stark umstritten ist hingegen die sogenannte Glottaltheorie, deren Hauptvertreter der Georgier Tamaz Gamkrelidze, der (sowjetisch-)russische Sprachwissenschaftler Wjatscheslaw Iwanow und der Amerikaner sind. Diese Theorie beinhaltet die Neuinterpretation der urindogermanischen Verschlusslautreihen unter Ansetzung einer glottalisierten Reihe, die die stimmhaften Plosive *b, *d, *g̑, *g und *gʷ durch die Glottale (gewöhnlich in dieser Notierung) *p', t', k̑', *k' und *k'ʷ ersetzt und im Bereich der beiden anderen Verschlusslautreihen geringfügige lautliche Änderungen vornimmt.
Forschung und Lehre
Im deutschsprachigen Raum hat das Fach eine reiche Tradition und ist zurzeit an folgenden Universitäten vertreten:
- Philipps-Universität Marburg
- Ludwig-Maximilians-Universität München
- Universität Wien
- Julius-Maximilians-Universität Würzburg
- Universität Zürich
- Humboldt-Universität Berlin
- Universität Bern (innerhalb der Linguistik)
- Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg
- Johann Wolfgang Goethe-Universität, Frankfurt am Main
- Georg-August-Universität Göttingen (innerhalb der Allgemeinen Sprachwissenschaft)
- Karl-Franzens-Universität Graz
- Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
- Universität Innsbruck
- Friedrich-Schiller-Universität Jena
- Universität zu Köln
Darüber hinaus existieren indoeuropäische Lehreinrichtungen an 32 ausländischen Hochschulen (v. a. in Spanien, Italien, Japan und den USA).
Literatur
- Wolfram Euler: Indogermanische Studien – Überlegungen zu Grammatik und Wortschatz, 248 S., Verlag Inspiration Unlimited, Berlin 2024, ISBN 978-3-945127-47-6.
- Ernst Kausen: Die indogermanischen Sprachen. Von der Vorgeschichte bis zur Gegenwart. Helmut Buske Verlag, Hamburg 2012, ISBN 978-3-87548-612-4.
- Michael Meier-Brügger: Indogermanische Sprachwissenschaft, 9. Auflage. de Gruyter, Berlin 2010, ISBN 978-3-11-025143-2.
- Rüdiger Schmitt/Alexander Häusler: Indogermanische Altertumskunde, in: Reallexikon der Germanischen Altertumskunde Bd. 15 (2000), 384–408.
- Oswald Szemerényi: Einführung in die vergleichende Sprachwissenschaft. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1990 (4. Aufl.), ISBN 3-534-04216-6.
- Eva Tichy: Indogermanistisches Grundwissen. Hempen, Bremen 2000, ISBN 3-934106-14-5.
- Harald Wiese: Eine Zeitreise zu den Ursprüngen unserer Sprache. Wie die Indogermanistik unsere Wörter erklärt, Logos Verlag Berlin, 2007, ISBN 978-3-8325-1601-7.
Siehe auch
- Liste bekannter Indogermanisten
Weblinks
- Homepage der Indogermanischen Gesellschaft
- TITUS – reichhaltiges indogermanistisches Material der Universität Frankfurt
- glottothèque - Ancient Indo-European Grammars online, (englisch) eine Onlinesammlung von Videos zu altindogermanischen Sprachen, produziert von der Georg-August-Universität Göttingen
Einzelnachweise
- Arbeitsstelle Kleine Fächer: Indogermanistik auf dem Portal Kleine Fächer, abgerufen am 23. April 2019
- Marcus Zuerius van Boxhorn: Antwoord van Marcus Zuerius van Boxhorn, gegeven op de Vraaghen, hem voorgestelt over de Bediedinge van de afgodinne Nehalennia, onlancx uytghegeven, in welcke de ghemeine herkomste van der Griecken, Romeinen ende Duytschen Tale uyt den Scythen duydelijck bewesen, ende verscheiden Oudheden van dese Volckeren grondelijck ontdekt ende verklaert worden. Willem Christiaens vander Boxe, Leiden 1647. 112 S.
- Sir William Jones: Third anniversary discourse: on the Hindus. [Rede am 2. Februar 1786]. In: Asiatick Researches Nr. 1 1798, S. 415–31.
- Franz Bopp: Vergleichende Grammatik des Sanskrit, Zend, Griechischen, Lateinischen, Litauischen, Gotischen und Deutschen. 6 Bände. Berlin 1833–1852.
- Rasmus Rask: Undersøgelse om det gamle Nordiske eller Islandske Sprogs Oprindelse. Gyldendal, Kopenhagen 1818.
- Henry Hoenigswald: Descent, Perfection and the Comparative Method since Leibniz. In: Tullio De Mauro und Lia Formigari (Hrsgg.): Leibniz, Humboldt, and the Origins of Comparativism. John Benjamins, Amsterdam/Philadelphia 1990. S. 119–134.
- Franz Bopp: Über das Conjugationssystem der Sanskritsprache in Vergleichung mit jenem der griechischen, lateinischen, persischen und germanischen Sprache. Andreäische Buchhandlung, Frankfurt am Main 1816.
- August Schleicher: Compendium der vergleichenden Grammatik der indogermanischen Sprachen. 2 Bände. H. Böhlau, Weimar 1861–2.
- Ferdinand de Saussure: Mémoire sur le système primitif des voyelles dans les langues indo-européennes. B. G. Treubner, Leipzig 1879; Nachdruck: Olms Verlag, Hildesheim 1972.
- Hermann Möller: Semitisch und Indogermanisch, Teil I Konsonanten. H. Hagerup, Kopenhagen 1906.
- Jerzy Kuryłowicz: ə indo-européen et ḫ hittite. In: W. Taszycki und W. Doroszewski, Symbolae grammaticae in honorem Ioannis Rozwadowski, Bd. 1. 1927. SS. 95–104.
- Nach Kümmel 2007: h₁ = [h] (stimmloser glottaler Frikativ); h₂ = [χ] (stimmloser uvularer Frikativ); h₃ = [ʁ] (stimmhafter uvularer Frikativ) oder [ʁʷ]. Siehe dazu: Martin Joachim Kümmel: Konsonantenwandel. Bausteine zu einer Typologie des Lautwandels und ihre Konsequenzen für die vergleichende Rekonstruktion. Dr Ludwig Reichert Verlag, Wiesbaden 2007. SS. 327–336.
- Indogermanische Gesellschaft - Lehrstühle. Abgerufen am 22. September 2023.
Autor: www.NiNa.Az
Veröffentlichungsdatum:
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Die indogermanische Sprachwissenschaft bzw Indogermanistik im nichtdeutschen Sprachraum uberwiegend im deutschen selten auch indoeuropaische Sprachwissenschaft oder Indoeuropaistik genannt englisch Indo European Studies franzosisch etudes indo europeennes erforscht mit historisch vergleichenden Methoden Ursprung und Entwicklung der indogermanischen Sprachen indoeuropaischen Sprachen vgl hierzu den Artikel Indogermanische Ursprache Sie ist damit heute eine Teildisziplin der aus ihr erwachsenen Historisch Vergleichenden Sprachwissenschaft die auf viele andere Sprachen der Welt angewendet wird Gleichwohl wird die Bezeichnung Historisch Vergleichende Sprachwissenschaft heute auch noch oft synonym mit Indogermanistik verwendet In der deutschen Hochschulpolitik ist die Indogermanistik als Kleines Fach eingestuft ForschungsuberblickBereits 1647 stellte der niederlandische Philologe und Gelehrte Marcus Zuerius van Boxhorn erstmals eine grundlegende Verwandtschaft zwischen einer Reihe von europaischen und asiatischen Sprachen fest ursprunglich bezog er in diese Verwandtschaft die germanischen sowie die illyrisch griechischen und italischen Sprachen einerseits und das Persische andererseits ein spater fugte er noch die slawischen keltischen und baltischen Sprachen hinzu Die gemeinsame Ursprache von der all diese Sprachen abstammen sollten bezeichnete van Boxhorn als Skythisch Jedoch konnte sich van Boxhorn mit dieser Erkenntnis im 17 Jahrhundert noch nicht durchsetzen Die indogermanische Sprachwissenschaft entstand Anfang des 19 Jahrhunderts nach Entdeckung der indogermanischen Sprachverwandtschaft durch den Englander William Jones den Deutschen Franz Bopp der den Begriff Indogermanistik jedoch kategorisch ablehnte und den Danen Rasmus Rask Eine Schlusselrolle spielten dabei das Bekanntwerden und die beginnende Erforschung des Sanskrits in Europa u a durch William Jones Friedrich von Schlegel und Wilhelm von Humboldt Als Begrunder der Indogermanistik und allgemeiner der vergleichenden Sprachwissenschaft gilt Franz Bopp Zwar hatten vor ihm schon William Jones und andere bemerkt dass die Verwandtschaft zwischen Sanskrit Griechisch Lateinisch und einigen weiteren Sprachen kaum zufallig sein kann Bopp war jedoch der erste der in systematischer Weise diese Verwandtschaftsbeziehungen darstellte Dabei beschrankte er sich nicht auf die Verwandtschaft von Wortern allgemein betrachtet sondern er befasste sich vor allem mit den Verben und ihren Endungen 1816 erschien Bopps bahnbrechende Arbeit Uber das Conjugationssystem der Sanskritsprache in Vergleichung mit jenem der griechischen lateinischen persischen und germanischen Sprache Daher gilt 1816 als Geburtsjahr der Indogermanistik Rekonstruktionen und Lautgesetze Mitte des 19 Jahrhunderts unternahm der Deutsche August Schleicher den Versuch der Rekonstruktion einer hypothetischen indogermanischen Ursprache und bildete einen der ersten Stammbaume zur Darstellung der angenommenen genetischen Verwandtschaft der Sprachen untereinander Auf Schleicher geht die Konvention zuruck rekonstruierte Formen mit Sternchen zu versehen Mithilfe der Wellentheorie versuchte der deutsche Sprachwissenschaftler Johannes Schmidt die Sprachausbreitung besser zu erklaren Als weithin tragfahig hat sich Schleichers Vorstellung des Stammbaums erwiesen was sich nicht zuletzt aus vielen lexikostatistischen Naherungen ergibt Die anfanglichen Rekonstruktionen des Urindogermanischen waren noch sehr vom Vorbild des als besonders rein und daher ursprunglich geltenden Sanskrits und zugleich von grossem Optimismus hinsichtlich der Historizitat des Rekonstruktes gepragt was sich besonders an der beruhmten Fabel zeigt die Schleicher im von ihm rekonstruierten Urindogermanischen verfasst hat u a einheitlicher a Vokalismus wie im Indoarischen gegenuber dem dreifachen Vokalismus e a o der europaischen Sprachen In der zweiten Halfte des 19 Jahrhunderts trat die neue Generation der sogenannten Junggrammatiker auf die versuchten die Rekonstruktionsbemuhungen auf eine wissenschaftliche Grundlage zu stellen und dazu das Postulat der Ausnahmslosigkeit der Lautgesetze aufstellten Dieses besagt dass Lautveranderungen streng regelmassig auftreten und nur von der lautlichen Umgebung abhangen Ausnahmen sind nur durch Analogie zu erklaren also durch Umbildung von Wortformen nach dem Verhaltnismuster anderer Wortformen Die junggrammatische Schule leistete eine beachtliche Detailarbeit und schuf damit wichtige Grundlagen fur die weitere Forschung Mit dem Grundriss der vergleichenden Grammatik der indogermanischen Sprachen des Deutschen Karl Brugmann wurde 1904 ein Kompendium des damaligen indogermanistischen Wissensstandes geschaffen das in diesem Umfang nicht wieder erreicht wurde Vereinheitlichung der Wurzelstruktur die Laryngaltheorie Bereits 1879 unternahm der Schweizer Ferdinand de Saussure in einer Schrift den Versuch einer Reinterpretation des urindogermanischen Lautsystems Dies wurde zunachst nicht weiter verfolgt spielte aber im 20 Jahrhundert in Form der sogenannten Laryngaltheorie eine bedeutende Rolle Diese Theorie deren Name auf Hermann Moller zuruckgeht war lange Zeit umstritten gilt aber inzwischen als anerkannt Sie setzt fur die indogermanische Ursprache heute meist drei mit h h und h bezeichnete Laryngale voraus die in den anatolischen Sprachen h ist in allen Stellungen h im Anlaut erhalten im Jahr 1927 nachgewiesen werden konnten Es waren vermutlich im Rachenraum oder Kehlkopfbereich artikulierte Konsonanten phonetisch Pharyngale und Glottale hauptsachlich Frikative die heute u a an verschiedenen koartikulativ bedingten Farbungen benachbarter Vokale erkennbar sind h als e farbiger h als a farbiger und h als o farbiger Laryngal Durch den Ansatz von Laryngalen erhalten fast alle traditionell mit Vokal anlautenden Wurzeln einen Anlautskonsonanten ferner wird der grundsprachliche Schwa Laut e als Schwundstufe eines Langvokals interpretiert Neustrukturierung des Phoneminventars im Verschlusslautbereich die Glottaltheorie Stark umstritten ist hingegen die sogenannte Glottaltheorie deren Hauptvertreter der Georgier Tamaz Gamkrelidze der sowjetisch russische Sprachwissenschaftler Wjatscheslaw Iwanow und der Amerikaner sind Diese Theorie beinhaltet die Neuinterpretation der urindogermanischen Verschlusslautreihen unter Ansetzung einer glottalisierten Reihe die die stimmhaften Plosive b d g g und gʷ durch die Glottale gewohnlich in dieser Notierung p t k k und k ʷ ersetzt und im Bereich der beiden anderen Verschlusslautreihen geringfugige lautliche Anderungen vornimmt Forschung und LehreIm deutschsprachigen Raum hat das Fach eine reiche Tradition und ist zurzeit an folgenden Universitaten vertreten Philipps Universitat Marburg Ludwig Maximilians Universitat Munchen Universitat Wien Julius Maximilians Universitat Wurzburg Universitat Zurich Humboldt Universitat Berlin Universitat Bern innerhalb der Linguistik Friedrich Alexander Universitat Erlangen Nurnberg Johann Wolfgang Goethe Universitat Frankfurt am Main Georg August Universitat Gottingen innerhalb der Allgemeinen Sprachwissenschaft Karl Franzens Universitat Graz Martin Luther Universitat Halle Wittenberg Universitat Innsbruck Friedrich Schiller Universitat Jena Universitat zu Koln Daruber hinaus existieren indoeuropaische Lehreinrichtungen an 32 auslandischen Hochschulen v a in Spanien Italien Japan und den USA LiteraturWolfram Euler Indogermanische Studien Uberlegungen zu Grammatik und Wortschatz 248 S Verlag Inspiration Unlimited Berlin 2024 ISBN 978 3 945127 47 6 Ernst Kausen Die indogermanischen Sprachen Von der Vorgeschichte bis zur Gegenwart Helmut Buske Verlag Hamburg 2012 ISBN 978 3 87548 612 4 Michael Meier Brugger Indogermanische Sprachwissenschaft 9 Auflage de Gruyter Berlin 2010 ISBN 978 3 11 025143 2 Rudiger Schmitt Alexander Hausler Indogermanische Altertumskunde in Reallexikon der Germanischen Altertumskunde Bd 15 2000 384 408 Oswald Szemerenyi Einfuhrung in die vergleichende Sprachwissenschaft Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1990 4 Aufl ISBN 3 534 04216 6 Eva Tichy Indogermanistisches Grundwissen Hempen Bremen 2000 ISBN 3 934106 14 5 Harald Wiese Eine Zeitreise zu den Ursprungen unserer Sprache Wie die Indogermanistik unsere Worter erklart Logos Verlag Berlin 2007 ISBN 978 3 8325 1601 7 Siehe auchListe bekannter IndogermanistenWeblinksWiktionary Indogermanistik Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme Ubersetzungen Homepage der Indogermanischen Gesellschaft TITUS reichhaltiges indogermanistisches Material der Universitat Frankfurt glottotheque Ancient Indo European Grammars online englisch eine Onlinesammlung von Videos zu altindogermanischen Sprachen produziert von der Georg August Universitat GottingenEinzelnachweiseArbeitsstelle Kleine Facher Indogermanistik auf dem Portal Kleine Facher abgerufen am 23 April 2019 Marcus Zuerius van Boxhorn Antwoord van Marcus Zuerius van Boxhorn gegeven op de Vraaghen hem voorgestelt over de Bediedinge van de afgodinne Nehalennia onlancx uytghegeven in welcke de ghemeine herkomste van der Griecken Romeinen ende Duytschen Tale uyt den Scythen duydelijck bewesen ende verscheiden Oudheden van dese Volckeren grondelijck ontdekt ende verklaert worden Willem Christiaens vander Boxe Leiden 1647 112 S Sir William Jones Third anniversary discourse on the Hindus Rede am 2 Februar 1786 In Asiatick Researches Nr 1 1798 S 415 31 Franz Bopp Vergleichende Grammatik des Sanskrit Zend Griechischen Lateinischen Litauischen Gotischen und Deutschen 6 Bande Berlin 1833 1852 Rasmus Rask Undersogelse om det gamle Nordiske eller Islandske Sprogs Oprindelse Gyldendal Kopenhagen 1818 Henry Hoenigswald Descent Perfection and the Comparative Method since Leibniz In Tullio De Mauro und Lia Formigari Hrsgg Leibniz Humboldt and the Origins of Comparativism John Benjamins Amsterdam Philadelphia 1990 S 119 134 Franz Bopp Uber das Conjugationssystem der Sanskritsprache in Vergleichung mit jenem der griechischen lateinischen persischen und germanischen Sprache Andreaische Buchhandlung Frankfurt am Main 1816 August Schleicher Compendium der vergleichenden Grammatik der indogermanischen Sprachen 2 Bande H Bohlau Weimar 1861 2 Ferdinand de Saussure Memoire sur le systeme primitif des voyelles dans les langues indo europeennes B G Treubner Leipzig 1879 Nachdruck Olms Verlag Hildesheim 1972 Hermann Moller Semitisch und Indogermanisch Teil I Konsonanten H Hagerup Kopenhagen 1906 Jerzy Kurylowicz e indo europeen et ḫ hittite In W Taszycki und W Doroszewski Symbolae grammaticae in honorem Ioannis Rozwadowski Bd 1 1927 SS 95 104 Nach Kummel 2007 h h stimmloser glottaler Frikativ h x stimmloser uvularer Frikativ h ʁ stimmhafter uvularer Frikativ oder ʁʷ Siehe dazu Martin Joachim Kummel Konsonantenwandel Bausteine zu einer Typologie des Lautwandels und ihre Konsequenzen fur die vergleichende Rekonstruktion Dr Ludwig Reichert Verlag Wiesbaden 2007 SS 327 336 Indogermanische Gesellschaft Lehrstuhle Abgerufen am 22 September 2023 Normdaten Sachbegriff GND 4161557 8 GND Explorer lobid OGND AKS